Episode 2

Cigarette Blues

Ein kalter Windzug fuhr durch das Ein-Zimmer-Apartment des jungen Mannes, als er die Tür öffnete und langsam eintrat. Ein Seufzen entfloh seinen Lippen während er die Tür leise ins Schloss zurückfallen ließ. Vor einigen Jahren hätte man ihn noch herzlichst empfangen mit warmen Lichtern und dem Duft von frisch gekochtem Essen. Alles, was er jetzt noch vernahm war der Gestank von Zigaretten und den letzten Bierflaschen, die auf dem Wohnzimmertisch standen. Eigentlich störte ihn das alles eher weniger, zumindest dachte er das, bis zu jenem schicksalhaften Tag. Erschöpft fuhr er sich mit den Fingern durch seine grünen Haare. Wäre er doch einfach zuhause geblieben, dann wäre er jetzt nicht in dieser Lage. „Riley, willst du jetzt die ganze Zeit da rumstehen und einen inneren Monolog führen oder willst du endlich eine Dame reinbitten?“, er fuhr komplett zusammen und drehte sich um. Durch seine geschlossene Tür ragte ein Kopf, der ihn nur neckend angrinste.

Riley: Kannst du das nicht mehr machen? Ich fühle mich wie in einem schlechten Horrorfilm. =_=
Mädchen: Ach komm schon. Das ist doch lustig! Jetzt bin ich hier und plötzlich *geht einfach durch die Tür* bin ich in der Wohnung. Das ist doch voll cool *-*
Riley: … Was zur Hölle bist du…!?
Mädchen: Das sagte ich dir doch bereits. ICH – die einzigartige Hikari – bin von nun an deine Beschützerin~
Riley: *tippt mit dem Zeigefinger gegen ihre Stirn* Alles was ich sehe, ist ein kleines Mädchen, das wohl eher einen Psychiater braucht.
Hikari: Psychologen.
Riley: … was?
Hikari: Psychiater sind die, die in der Klinik arbeiten :I was du meinst, ist aber ein Psychologe.
Riley: Du wagst es auch noch, mich zu korrigieren? û_u Ich schwöre, du kannst froh sein, dass du ein zierliches und kleines Mädchen bist. Sonst wärst du bereits aus dem Fenster geflogen.

Vor einem Tag sah das Leben des Jungen noch anders aus. Er war nicht wie alle anderen, nein, er war schlimmer. Erst gestern hatte er sich mit einer Gruppe von Zweitklässlern angelegt. Das Ergebnis war wohl weniger zufriedenstellend. Schweigend erinnerte er sich zurück, versuchte eine Erklärung zu finden, wieso plötzlich er so betraft wurde. Stumm setzte er sich auf die Couch und steckte sich eine Zigarette in den Mund. Das zischen des Feuerzeugs beruhigte ihn immer wieder, ebenso wie der erste Atemzug der raucherfüllt in seine Kehle zog. Entspannt lehnte er sich zurück und sah an die Decke. Was zur Hölle war nur geschehen?
„Hey! Grünkohl! Wieder sitzengeblieben?“, ein gehässiges Lachen ertönte. Riley war leicht auf die Palme zu bringen, also sprang er natürlich darauf an.

Riley: Was willst du denn!? =__=
Zweitklässler #1: Zu nichts zu gebrauchen. Richtiger Idiot.
Riley: Bitte!? Nimm das zurück! *packt ihn am Kragen* Ich schwöre, wenn du mir noch einmal dumm kommst, halt ich mich nicht zurück!
Zweitklässler #1: *am Kragen gepackt wird* Pah! Groß reden und mehr ist nicht, was?!
Riley: Ich warne dich, treib es nicht zu weit!
Lehrer: *die Treppen runter kommt* Was ist hier bitteschön los? Was soll die Aufregung?!
Zweitklässler #1: *Rileys Hand wegschlägt* Tze. Das wirst du noch bereuen, du Loser!

Ein weiterer Zug an der Zigarette, die immer kleiner und kleiner wurde. Er konnte sich immer nur schwer zurückhalten. Aggressionsprobleme hatte er schon als kleiner Junge. Auch die Schule sah das nicht gerne. Nicht nur, dass er ein Schläger war, er war auch ein ziemlicher Idiot. So ist er doch bereits zum zweiten Mal sitzen geblieben. Seine Eltern würden sich schämen, wenn er denn noch bei ihnen wohnen würde. Erneut drifteten seine Gedanken ab.

Riley lief die Straßen nach Schulschluss nach Hause, sein Blick blieb an jener Gasse haften, an der einige Monate zuvor noch ein Mädchen zu Tode geprügelt wurde. Hatte er Mitleid? Wohl eher weniger. Aber er war da und hat es gehört, war sich allerdings zu fein, um zu helfen. Menschen interessierten ihn nicht im Geringsten. Er lief weiter, bis einige Jugendliche – offensichtlich die Zweitklässler von vorher – sich ihm in den Weg stellten. Sie waren bewaffnet mit Baseballschlägern und Messern.

Zweitklässler #1: Jetzt hat das alles endlich ein Ende!
Zweitklässler #2: Macht ihn fertig!
Riley: Wie niedlich *grinst* Ich zittere schon vor Angst~
Zweitklässler #1: Du machst dich lustig über uns?
Riley: Nein. Ihr seid bereits lustig, da muss ich mich nicht mehr lustig machen.
Zweitklässler #3: Auf ihn!!

Eine ganze Horde schmiss sich auf den Grünhaarigen und Riley schien unter ihnen zu ersticken. Er versuchte immer wieder sich zur Wehr zu setzen, aber es waren einfach zu viele. Sie schlugen auf ihn ein und rammten ihm die Messer überall hin, fast so als wollten sie ihn bis zu seinem Tod quälen. Als sie sichergehen konnten, dass von dem Jungen keinerlei Regung mehr ausging, räumten sie langsam den sonst verlassenen Platz.

Riley spürte, wie sich sein Geist und sein Körper langsam voneinander trennten. Er wollte nicht sterben. Nicht so, aber andererseits würde es ohnehin niiandi auffallen. Er hatte keine Freunde, keine Familie. Fragen kamen auf. Sollte er seine Lebensweise bereuen? Wahrscheinlich würde er es, wenn es nicht ohnehin zu Ende gehen würde. Langsam stieg er in die Höhe. Alles um ihn herum wurde dunkel, nur ein grelles Licht vor ihm rettete ihn vor der kompletten Dunkelheit. Er hatte sich mit seini Schicksal abgefunden.

"Vom jetzigen Moment an soll dir ein Beschützer zur Seite stehen, bis zu jenem Tage, an welchem du aus eigener Kraft beweist, einer zweiten Chance würdig zu sein."

Erschrocken öffnete er die Augen und fand sich an jenem verlassenen Platz wieder, wo er vor einigen Minuten noch umgebracht wurde - vor ihm die Zweitklässler.

Riley: *fasst sich an den Hals* //Nichts…//
Zweitklässler #1: Jetzt hat das alles endlich ein Ende!
Mädchen: Rileeeey! *guckt ihn von einer Seitengasse aus an* Hier lang~
Riley: Heute nicht~ *hebt die Hand zum Abschied und rennt dann grinsend in die Seitengasse*
Zweitklässler #3: Das kriegt er wieder!! Ò__o

Seitdem verfolgte ihn das violetthaarige Mädchen auf Schritt und Tritt. Brauchte er einen Beschützer? Und warum gerade ein zierliches Mädchen wie sie? Das machte keinen Sinn. Wie sollte denn ein Mädchen wie sie einen bereits berüchtigten Schläger wie ihn beschützen? Ein Seufzen entfloh seinen Lippen und mit ihm stieß eine Rauchwolke aus seinem Mund. Ihr Blick war so unschuldig, als könnte sie keiner Fliege was zu Leide tun. Und sie war so aufgedreht. Wohl kaum wäre sie in der Lage, einen Menschen wie ihn beschützen zu können. Fragend sah sie ihn an, während er die Zigarette im Aschenbecher ausdrückte.

Hikari: Wusstest du, dass Rauchen ungesund ist?
Riley: Wer bist du? Meine Mutter? *verdreht genervt die Augen*
Hikari: Nein, dein Beschützer! Mit jeder Zigarette verkürzt sich das Leben, was dir geschenkt wurde. *hebt strafend den Zeigefinger*
Riley: Ich habe euch ja nicht drum gebeten.
Hikari: Och Riley, du Schmolli .3. Nun sei doch nicht so.
Riley: Schmolli? ô_o
Hikari: Wenn du Probleme hast, die du nicht lösen kannst, dann setze ihnen doch einfach einen Partyhut auf :‘D
Riley: Warum sollte ich das tun? ô_o
Hikari: Weil Partys glücklich machen~
Riley: Nein, nicht wirklich.
Hikari: Das sagst du nur weil du noch nie auf einer warst!
Riley: Du doch auch nicht…

Eine kurze Schweigeminute trat ein. Hatte Riley einen schwachen Punkt getroffen? Das Mädchen holte tief Luft und sah ihm direkt in die Augen.

Hikari: Woher willst du das wissen!? >3<
Riley: Du siehst nicht gerade aus, als wärst du eine Person, die man gerne auf eine Party einlädt!
Hikari: Fiesling! :I
Riley: *seufzt* Wie soll das mit dir nur weitergehen?
Hikari: Naja… ich werde entscheiden, ob du eine zweite Chance verdient hast…
Riley: Und warum ausgerechnet ein Gör wie du? =_=“
Hikari: Die da oben sagten, bei deinem niedrigen IQ könnte man mich auf dich loslassen.
Riley: NIEDRIGER IQ!? Ò__Ó Das haben die bestimmt nicht so gesagt!
Hikari: Ich denke, sie haben dich damit ziemlich gut beschrieben.
Riley: Ich schwöre, nimm das zurück!
Hikari: Was sonst? Willst du mir deine Intelligenz an den Kopf werfen? Oh, Moment, da gibt es ja keine.
Riley: Ist okay, ich habs verstanden =_=“
Hikari: Oh? Keine Gewalt?
Riley: Ich vermeide es, Frauen zu schlagen.
Hikari: Ein Gentleman, was? Du bist süß *setzt ihm ein Partyhütchen auf*
Riley: =______= Sag das nie wieder.

Diese Nacht schlief der Junge ziemlich unruhig. Zu sehr dachte er an das, was zuvor passierte. Von jetzt auf gleich einfach zu sterben wirkte surrealer als alles, was er bisher erlebt hat. Zumal er ja nun doch nicht tot ist. Er raufte sich die Haare, wälzte sich im Bett, doch es half alles nichts, er konnte nicht schlafen und wenn er es dann doch schaffte, wachte er kurz darauf wieder auf. Eigentlich wollte er erst gar nicht aufstehen, um zur Schule zu gehen, doch er hatte die Rechnung ohne Hikari gemacht, die vor seinem Bett stand und ihn vorwurfsvoll ansah.

Hikari: Schule ist aber wichtig!
Riley: Das ist mir doch egal! =_=
Hikari: Nein, Riley… du bist schon öfters sitzen geblieben. Bitte, gehe einfach in die Schule.
Riley: Auf die Tour brauchst du mir gar nicht zu kommen =_=
Hikari: *packt ihn und zerrt ihn aus dem Bett* Nun mach schon >//3//<
Riley: *gähnt nur und lässt sich langsam aus sein Bett ziehen*
Hikari: In der Schule hast du deine Ruhe vor mir.
Riley: *springt auf* Auf zur Schule 8D“ *verschwindet im Bad*
Hikari: *sieht ihm schmollend hinterher* //Wie kann man nur so gemein sein?//
Riley: *putzt sich genervt die Zähne* û_u //Ich schwöre, wie kann man so nervig sein?//

Kurz darauf verließen beide gemeinsam die Wohnung, auch wenn es noch viel zu früh war, um loszulaufen, aber Riley wollte einfach seine Ruhe vor dem Mädchen haben. Stillschweigend liefen sie nebeneinander her und niemand wusste so recht, ob eine Konversation ratsam wäre oder nicht. Riley würdigte das Mädchen keines Blickes, während sie immer wieder zu ihm aufsah und versuchte, anhand seiner Mimik irgendwie herauszufinden, was er gerade denkt. Ihre Blicke entgingen ihm nicht, aber er war zu desinteressiert, um sie zu erwidern oder ihr eine Antwort darauf zu geben.

Hikari: Bist du immer so kalt und herablassend? *bleibt stehen*
Riley: *bleibt ebenfalls stehen und dreht sich zu ihr* Nur zu denen, die mich nerven und mich in Ruhe lassen sollen.
Hikari: Aber… ich kann dich nicht in Ruhe lassen.
Riley: Ich brauche keinen Beschützer! Hau ab, mach dir einen schönen Tag, wie es normale Mädchen auch tun.
Hikari: *senkt den Blick* Ich bin doch aber kein normales Mädchen…
Riley: *winkt ab* Was auch immer. *geht weiter vor*
Hikari: *sieht ihm kurz hinterher und folgt ihm dann wieder* Wenn du immer so kalt zu Menschen bist, wirst du auch immer alleine sein.
Riley: *seufzt genervt* Vielleicht will ich das ja auch?
Hikari: Ich denke nicht. Würdest du das wollen, würdest du versuchen, Kontakt mit Menschen zu vermeiden. Stattdessen hast du aber so viel Kontakt, dass es dich von deiner eigentlichen Einsamkeit ablenkt. Nur auf die falsche Weise.
Riley: *zuckt kurz; dreht sich um und schreit laut* SEI EINFACH STILL VERDAMMT!!

Hikari fuhr komplett zusammen und starrte ihn nur noch an. Mit einer solchen Reaktion hätte sie rechnen müssen, hat sie in jenem Moment allerdings nicht. Auch die Menschen in ihrer Umgebung starrten den Grünhaarigen ungläubig an. Natürlich, er hatte eben ein Mädchen angeschrien. Ein kleines, wehrloses Mädchen. Interessierte ihn das? Eher weniger. Sollte es ihn interessieren? Es wäre besser gewesen, denn einer der Passanten ging auf ihn zu und drückte ihm eine Visitenkarte in die Hand, auf der die Adresse eines Psychologen stand. Riley hob eine Augenbraue.

Riley: Was soll ich denn damit?
Passant: Imaginäre Personen zu sehen ist nichts, über das man sich lustig machen sollte. Bitte, suchen Sie sich Hilfe.
Riley: Imaginäre… Personen….? *sieht zu Hikari*
Hikari: Habe ich dir nicht gesagt, dass mich andere Menschen außer dir nicht sehen können? Das tut mir aber leid~ *grinst*

Mit einem Konter wie diesen hatte Riley absolut nicht gerechnet. Das zuvor noch unschuldig wirkende Mädchen war also auch mit allen Wassern gewaschen. Endlich schien die Sache doch interessant zu werden und ein breites Grinsen schlich sich auf seine Lippen.

„Vielen Dank“

Er sah den Passanten an und ging dann weiter. Natürlich folgte ihm seine Begleiterin auch weiterhin bedingungslos. Schweigend nahm er eine Zigarette aus seiner Schachtel und steckte sich diese in den Mund, ehe er sie anzündete. Ihm wurde das Leben geschenkt und dazu noch eine Begleiterin, die ihn zwar nicht beschützen konnte, aber die ziemlich interessant zu sein schien. Das könnte noch ein interessantes Schuljahr werden.

Riley: *dreht sich um* Ach, Giftzwerg… *sieht sich um* … //Wo ist sie denn?//
Hikari: *steht an einem Schaufenster und starrt strahlend rein*
Riley: Was machst du denn da? ô_o *geht zu ihr*
Hikari: Hör doch mal, Riley… Dieser junge Mann da vorne… spielt er nicht wundervoll? *-*
Riley: //Also doch eine Langweilerin… =_=“// *sieht dann zu dem jungen Mann*