Episode 1

Drowning in heaven

Das Unglück geschah am letzten Tag vor dem neuen Schuljahr. Bereits die Tage zuvor hatte es nur geregnet, so dass die generelle Stimmung von Natsu wohl oder übel ihren Tiefpunkt erreicht hatte. Gelangweilt lag sie reglos auf ihrem Bett und schaute von dort aus den Regentropfen zu, wie sie gegen ihr Fenster prasselten. Bis sie plötzlich eine SMS bekam: "Lust auf Schwimmen?"

Natsu: Schwimmen? *sich aufsetzt* Hmm... *einen Blick auf ihren Kleiderschrank wirft* //Aber ich hab doch gar keinen hübschen Schwimmanzug…// *wieder nach draussen sieht* //Ausserdem regnet es so stark und bei dem Wetter nach draussen…//

"In 30 Minuten beim üblichen Treffpunkt?" Trotz der Zweifel entschied sie sich, ihrer besten Freundin zuzusagen. Ein wenig Abwechslung würde ihr bestimmt gut tun. Sie stand auf, schnappte sich ihren Rucksack und warf alles hinein, was sie brauchen würde; Handtuch, Shampoo, Haarbürste, Wechselkleidung. Aus dem Kleiderschrank nahm sie ihren Schulschwimmanzug und stopfte auch diesen hinein.

Natsu: *ihren Pferdeschwanz noch zu einem Dutt zusammenbindet und danach in die Küche geht* Ich bin dann mit Satsuki in diesem neuen Hallenbad schwimmen!
Mutter: Oh, dieses moderne, in dem sie die das Motiv der Decke per Computer wechseln können?
Natsu: Ja genau. Ich bin gespannt, wie das aussieht! >3<
Mutter: Du musst mir dann alles erzählen. ^^
Natsu: Mach ich. ^^ *sich noch einen Apfel aus dem Früchtekorb schnappt* Bis zum Abendessen bin ich wieder zurück! *das Haus verlässt* Oh…! *nochmal reinrennt* Schirm vergessen! *wieder raus geht*

Pünktlich traf sie sich mit ihrer besten Freundin Satsuki an ihrem üblichen Treffpunkt und gemeinsam nahmen sie die U-Bahn zum neuen Hallenbad im Stadtzentrum, das bereits Monate zuvor damit geworben hatte, die Decke über PC und Bildschirme individuell anpassen zu können.
In der Umkleidekabine…

Natsu: *ihren Schulschwimmanzug rauspackt*
Satsuki: *das sieht* Was, willst du etwa in diesem Ding schwimmen gehen? °__°
Natsu: >///> I-ich hab aber keinen eigenen Badeanzug...
Satsuki: °__°" Uhm... *in Gelächter ausbricht* Der war sogar für deine Verhältnisse gut! XDDDD
Natsu: D-das war kein Witz… v////v
Satsuki: N-nicht? o_o"
Natsu: *den Kopf schüttelt*
Satsuki: Na dann schauen wir, dass wir dir zur Eröffnung des Pools in der Schule übernächsten Monat einen anständigen Badeanzug kaufen! <3
Natsu: Der tut es doch auch?
Satsuki: Bist du irgendwie ein wenig blöd? oô Wie willst du mit der Einstellung jemals Matsuyama beeindrucken? Ich helfe dir dabei, einen hübschen zu finden, damit er auf jeden Fall auf dich aufmerksam wird! ^0^
Natsu: W-wie? N-nein >////<
Satsuki: Oh doch, oh doch :D *breit grinst*
Natsu: Oh… Ich ahne schreckliches… *seufzt und ihr Badetuch nimmt*

Ein paar Minuten später waren die beiden auch schon in der grossen Halle mit den verschiedenen Schwimmbädern. Obwohl es draussen regnete, schien es dank der modernen Deckendekoration, als wäre ein frischer Sommertag – keine Wolke war am künstlichen Himmel zu sehen und es war taghell. Die beiden Mädchen entschieden sich, erst ein paar Runden schwimmen zu gehen, wobei schnell ersichtlich wurde, dass Natsu keine besonders gute Schwimmerin war. Satsuki war sich dessen bewusst, doch hatte es ihr nie etwas ausgemacht. Sie tobte sich Länge um Länge aus, während Natsu bereits mit deutlich weniger Längen schneller aus der Puste war. Die Freundinnen legten daher eine Essenspause ein und stärkten sich im Bistro, ehe sie zum Ausklingen noch ein wenig ins Freischwimmbecken begaben.

Und dann war da dieser Moment, während Satsuki für ein paar Minuten auf der Toilette war und Natsu alleine war. Während Natsu friedlich und gemütlich noch eine letzte Länge dem Poolrand entlang schwimmen wollte, bemerkte sie, wie eine Gruppe von 3 Jugendlichen am Poolrand miteinander Dummheiten anstellten und herumblödelten. Sie dachte sich nichts weiter dabei, ausser dass sie einen etwas grösseren Bogen um die Drei machen sollte, auch wenn sie nicht im Wasser waren. Also holte sie an eben jener Stelle aus und begab sich weiter in das Beckeninnere und wandte ihren Blick wieder nach vorne. Zwei der drei Jungs waren währenddessen dabei, den Dritten an Händen und Beinen hochzuheben, um ihn in hohem Bogen in den Pool zu werfen. Johlend und lachend watschelten sie an den Poolrand und ohne noch einmal hinzusehen, begannen die beiden Werfer ihren Freund leicht hin und her zu wippen, um Anlauf zu holen. "Eins, zwei, los!", riefen beide zusammen und bei "Los" liessen sie den dritten Jungen los, welcher mit dem Rücken voran geradewegs auf Natsu zuflog. "Achtung!", rief eine der Jungen, der noch am Poolrand stand; doch es war bereits zu spät. Natsu drehte sich um und konnte nur noch den auf sie zufliegenden Rücken des Jungen erkennen. Mit voller Wucht wurde sie von diesem am Kopf getroffen, so dass Natsu das Bewusstsein verlor und von dem Jungen untergetaucht wurde.

Als Natsu ihre Augen wieder öffnete, schien sie im Wasser zu schweben. Um sie herum war es dunkel, nur eine einzige Lichtquelle schien von oben herab. Zumindest glaubte sie, dass das Licht von oben kam. Sie war sich nicht sicher. Immer wieder stiegen Luftblasen neben ihr hinauf zur Oberfläche und entkamen so dem eisig kalten Wasser um sie herum. Natsu schlug ein paar Mal die Augen auf und zu, komplett in Trance, ohne richtig zu realisieren, was um sie herum geschah. Bis plötzlich ganz leise eine sanfte, helle Stimme erklang. Natsu konnte nicht zuordnen, aus welcher Richtung sie kam, doch sie umhüllte ihren Körper komplett.

"Vom jetzigen Moment an soll dir ein Beschützer zur Seite stehen, bis zu jenem Tage, an welchem du aus eigener Kraft beweist, einer zweiten Chance würdig zu sein."

Natsu verstand nicht wirklich, was die Stimme meinte und was es mit diesem Beschützer auf sich haben sollte. Wieso würde sie einen Beschützer brauchen? In ihren bisherigen jungen 17 Jahren hatte sie doch auch keinen. Verwirrt versuchte das Mädchen ihre Gedanken und Erinnerungen zu ordnen und sortieren, bis auf einmal vor ihrem inneren Auge die letzten Bilder auftauchten, an die sie sich erinnern konnte. Gleichzeitig kam ihr ein erschreckender Gedanke: War sie etwa tot? Augenblicklich kniff sie die Augen zusammen und sie war den Tränen nahe. Natsu öffnete erneut die Augen. Vor ihr stand ein junger Mann, vermutlich nur ein paar Jahre älter als sie selbst. Seine Augen besassen die Farbe eines klaren Bergsees, kurz bevor die Sonne hinter den daneben in den Himmel ragenden Bergen unterging. Ein solch intensives Türkis hatte Natsu noch nie zuvor bei einem Menschen gesehen, so dass sie nicht anders konnte, als augenblicklich an einen Spätsommerabend am Meer zu denken und sich vorzustellen, wie sich das Sonnenlicht an einem wolkenlosen Tag darin wohl reflektierte. Seine braunen Haare waren etwas länger und hingen ihm Nacken, wo sie durch seine dort gelagerte Hand im Zaun gehalten wurden. Einzelne Strähnen hingen ihm ins Gesicht, was ihm einen leicht ungestümen Eindruck verlieh. Im selben Moment merkte Natsu jedoch, wie sie erneut ihr Bewusstsein verlor und sich alles um sie und den jungen Mann herum verdunkelte. Das Letzte, was sie erkennen konnte, war der gleichgültige Blick des jungen Mannes, der auf ihr ruhte.

Als sie das nächste Mal blitzartig die Augen aufschlug, war sie wieder von dem Lärm im Schwimmbad umgeben. War das alles etwa nur ein Traum gewesen? Sie befand sich wieder an derselben Stelle im Pool, an der sie zuvor von dem dritten Jungen getroffen wurde. Dieselben zwei Jungen waren gerade dabei, den dritten Jungen in hohem Bogen in den Pool zu werfen. „Achtung!“, schrien die beiden lauthals, die am Poolrand waren. Der dritte Junge flog direkt auf sie zu und konnte nichts dagegen unternehmen – bis er direkt vor ihrer Nase ins Wasser klatschte und eine Welle Poolwasser direkt in Natsus Gesicht und unglücklicherweise auch direkt in die Nase spritzte.

Satsuki: *vom Poolrand aus* Hey, passt doch auf ihr Idioten! *__*
Jungs: *sich kleinlaut entschuldigen und schnell aus dem Staub machen*
Natsu: *sieht den jungen Mann aus ihrem Traum plötzlich am Poolrand stehen* Wa-! *los prustet* >////<
Satsuki: *zu Natsu rennt und ihr vom Rand die Hand hinhält* Alles ok? >_<
Natsu: J-ja, ich denke schon T__T

Satsuki half Natsu aus dem Wasser, woraufhin beide im Bistro anschliessend eine Pause einlegten. Wie sie halt war, regte sich Satsuki noch länger über die drei Jungs von vorhin auf, während dem Natsu ihr geistesabwesend zuhörte, denn ihre Aufmerksamkeit galt immer wieder dem jungen Mann, der ständig in ihrer Nähe zu sein schien, aber von niemandem beachtet wurde.

Als Natsu schliesslich wieder zuhause ankam, stand die Sonne gerade über dem Horizont und langsam machte sich die Dämmerung mit ihren kühlen Temperaturen Ende März breit. Obwohl ihre Mutter alles über das neue Schwimmbad wissen wollte, blockte Natsu ab und begab sich auf dem schnellsten Wege in ihr Zimmer. Einerseits weil sie erschöpft von den heutigen Ereignissen war – immerhin war sie quasi gestorben! – andererseits hatte sie nun einen Schatten an ihrer Seite, an den sie sich erst gewöhnen musste und wenn sie ihn während dem Gespräch mit ihrer Mutter die ganze Zeit gemustert hätte, hätte sich ihre Mutter sich nur Sorgen darüber gemacht, dass ihre Tochter die ganze Zeit ins Leere starrt. In ihrem Zimmer schloss sie die Türe hinter sich ab und während sie noch damit beschäftigt war, ihre Tasche auszuräumen, setzte sich ihr Beschützer unbekümmert auf das untere Ende ihres Bettes und lehnte an der Zimmerwand an. Natsu nahm sich einen Stuhl und setzte sich ihm gegenüber. Sie wollte mehr über den jungen Mann erfahren, der nun angeblich über sie wachte.

Natsu: Wie lautet dein Name?
Beschützer: … *schweigt*
Natsu: Wie alt bist du?
Beschützer:
Natsu: W-was sind deine Hobbies? *von seinem Schweigen irritiert ist*
Beschützer:
Natsu: Was ist dein Lieblingsessen?
Beschützer: … *immer noch schweigt*
Natsu: óò *seufzt*

Anscheinend war ihr Beschützer einer der ruhigen Sorte, da sie auf keine ihrer Fragen weder eine Antwort noch eine emotionale Reaktion bekam. Natsu senkte enttäuscht ihren Blick, erhob sich vom Stuhl und drehte sich betrübt und mit gesenktem Kopf von dem jungen Mann weg.

Beschützer: Minami Ryuji.

Überrascht drehte sich Natsu um und blickte den jungen Mann nur perplex an, woraufhin er eine Hand aus der Hosentasche nahm und sich sichtlich peinlich berührt damit durch die Haare fuhr. Als sie ihm daraufhin schliesslich ein Lächeln schenkte, wandte er wortlos seinen Kopf zur Seite ab.

Das Leben ging also normal weiter. Naja, zumindest fast. Wenn man bedenkt, dass Natsu plötzlich auf Dauer einen Schatten in ihrem Leben hatte, der sie überall hin verfolgte. Sogar in die Schule. Trotzdem versuchte sie, sich davon nicht beirren zu lassen und ihren ersten richtigen Schultag nach der gestrigen Eröffnungszeremonie als Zweitklässlerin der Ikigawa High School zu geniessen. Die ersten beiden Stunden vergingen wie im Flug, obwohl es ihre beiden unbeliebtesten Fächer Englisch und Geschichte waren. In der Pause konnte sie dann erst mal ein wenig entspannen.

Natsu: *sich in ihrem Stuhl zurück lehnt und tief ausatmet*
Ryuji: *mit verschränkten Armen auf dem Fenstersims sitzt und vor sich hinschweigt* ûu
Natsu: //Er ist echt nicht der gesprächige Typ v.v// *seufzt und aus dem Fenster schaut und eine Gruppe Drittklässler entdeckt* //Matsuyama-kun!// o////o
Ryuji: *ihrem Blick kommentarlos folgt*
Satsuki: … und dann hat sie gemeint… Natsu, hörst du mir überhaupt zu? ôo
Natsu: Eh, was? *den Kopf zu ihr dreht*
Satsuki: *ihren Kopf neben den von Natsu legt und in dieselbe Richtung schaut* Ah, Matsuyama-kun! Das erklärt natürlich einiges <3
Natsu: >////<
Satsuki: *lacht*
Mädchen: *am Türrahmen des Klassenzimmers anlehnt* Kyaaah~! Da ist er, da ist er! *schmacht*
Satsuki: *hinrennt* Wer denn, wer denn?! *hinaus lugt* Ah! Der neue Referendar, von dem alle reden!
Mädchen: *wild durcheinander schnattern* Sieht er nicht unheimlich gut aus? – Ob er wohl eine Freundin hat? – Welche Klassen wird er unterrichten? – Hoffentlich unsere! */////*
Satsuki: Natsu, komm her und sieh ihn dir an! *mit der Hand wedelt* Aber beeil dich! *_* Bevor er um die Ecke verschwindet!

Also erhob sich Natsu von ihrem Stuhl, blickte noch kurz zu Ryuji, der noch immer gelangweilt auf dem Fenstersims sass und begab sich zur Tür, um auch einen Blick auf diesen neuen Referendar zu erhaschen. Sie stellte sich neben Satsuki und streckte vorsichtig den Kopf in den Flur. Das einzige, was sie jedoch noch erspähen konnte, waren die orangenen Haare einer jungen Frau, die gerade um die Ecke verschwanden.

Natsu: War das... eine Frau? *leise murmelt*
Satsuki: *das gehört hat und ihr leicht auf den Kopf haut* Bist du blind, oder was? =_=
Natsu: Aua q_q *plötzlich etwas Lautes hört* Hm?

Der Lärm, den das Mädchen hörte, kam vom anderen Ende des Flures, gleich am Treppenaufgang. Sie erblickte eine gemischte Gruppe aus Zweit- und Drittklässler, die sich offensichtlich lauthals stritten und unverkennbar handgreiflich wurden. Der grösste und mit seinen grünen Haaren auffallendste Drittklässler war gerade dabei, einen anderen Jungen am Kragen zu packen.

Drittklässler: Ich schwöre, wenn du mir noch einmal dumm kommst, halt ich mich nicht zurück!
Junge 1: *am Kragen gepackt wird* Pah! Gross reden und mehr ist nicht, was?!
Drittklässler: Ich warne dich, treib es nicht zu weit!
Lehrer: *die Treppen runter kommt* Was ist hier bitteschön los? Was soll die Aufregung?!
Junge 1: *die Hand des Drittklässlers wegschlägt* Tze. Das wirst du noch bereuen, du Loser!

Verdutzt schaute Natsu zu, wie sich die Gruppe auflöste. Der Lehrer schüttelte nur seinen Kopf und setzte seinen Weg fort, als auch schon die Glocke zur nächsten Stunde läutete. Schnell setzten sich alle Schüler aus Natsus Klasse an ihre Plätze.

Satsuki: *diagonal vor Natsu sitzt und sich zu ihr umdreht* Das wird bestimmt ein interessantes Schuljahr! ^.~
Natsu: Ehehehe ^^" *angestrengt lacht*

Ihr Lehrer für Mathematik betrat im selben Moment das Klassenzimmer und begann auch kurz darauf mit dem Unterricht. Ein weiteres Mal drehte Natsu ihren Kopf zu ihrem neuen Beschützer Ryuji um und musterte ihn ein weiteres Mal. Es war nicht so, als hätte sie dies nicht bereits mehrere Male getan, dennoch konnte sich die Situation, in der sie sich befand, noch immer nicht recht erklären. Vor ein paar Tagen war sie noch ein ganz normales Mädchen mit ganz normalen Problemen und heute – naja, heute war sie das noch immer, nur dass ihr vom Schicksal eine zweite Chance gewährt wurde. Und ein stillschweigender Beschützer. Ein interessantes Schuljahr? Das würde es auf jeden Fall werden.